Ich hasse WG-Castings. Schon bei der WG-Suche in Köln konnte ich immer wieder durch einen unfassbar unsympathischen ersten Eindruck überzeugen. Das Gefühl ist schrecklich, wenn man sich selbst dabei zuhört, wie man einen unglaublich langen Satz vollenden muss, bei dem man schon vom zweiten Wort an erkannt hat, wie arrogant er klingt. Ein anderer Fehler war dann auch oft, dass ich, um ebendiese Antipathie zu vermeiden, wiederum zu nett wurde. "Magst du nen Kaffee..." "Ja klar, ich liebe Kaffee" "...oder nen Tee?" "Ohja, Tee Tee Tee, Tee ist auch wundervoll. Ich liebe Kaffee und Tee wirklich gleichermaßen." Ich machte echt schon unserem Bundespräsidenten Konkurrenz in meinem Enthusiasmus für alles und jeden, dabei find ich Tee wirklich blöd. Einzig in den WGs, in die ich garantiert nie im Leben einziehen wollte, da war ich auf einmal beliebt. Wahrscheinlich weil ich mich da in meinem Desinteresse wenigstens halbwegs normal benommen habe.
Letzten Endes habe ich ja irgendwie doch noch eine coole WG in Köln gefunden und deshalb fuhr ich ein wenig beruhigter nach Berlin und nahm mir fest vor, die Sache diesmal ein bisschen lockerer anzugehen. Die WGs sind hier fast alle ziemlich cool. Die Zimmer sind groß und natürlich auch hoch, viele haben neben großen Küchen auch noch große Wohnzimmer am Start und in manchen Häusern kam ich mir vor den riesen Haustüren, die man mit dem ganzen Gewicht aufschieben muss, und den pompösen Stuckverzierungen am besten noch mit Kronleuchtern echt schon ein bisschen lächerlich vor. Von den Leuten her ist es natürlich wieder mal ziemlich durchmischt. Während ein Mitbewohner einen zu einem leckeren Abendessen bei Kerzenschein einlädt, kommt der Mitbewohner in der anderen WG nicht mal aus seinem Zimmer, weil er Starcraft 2 zocken muss. In einer dritten Wohnung werde ich auf einmal in den Keller geführt und kurz bevor ich "Hilfe, Vergewaltigung!" rufe, stellt mir der Mitbewohner seine "nette Souterrain-Wohnung" vor. Bad und Küche haben natürlich kein Tageslicht, im Flur brennt ununterbrochen Licht. Zumindest mein Zimmer hat eine kleine Luke, durch die um genau 9:17 wahrscheinlich drei Sonnenstrahlen durchbrechen.
Letzten Endes habe ich aber dann doch noch eine coole WG in Berlin gefunden. Und diesmal ging es sogar 5 Wochen schneller als beim letzten Mal (in Berlin bin ich 5 Wochen beliebter als in Köln!). Und wiedermal hat sich die Regel bestätigt: Die WG, die du am nettesten findest, findet dich auch am nettesten. Und außerdem: Zieh immer in die WG ein, in der dir kein Leitungswasser, sondern ein Bier angeboten wird.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen