Olaf ist toll. Er sieht gut aus, bildet sich aber nichts darauf ein. Er hat Humor, man kann mit ihm aber auch hervorragend ernste Gespräche führen. Olaf ist Nichtraucher, hat aber für die Raucher immer ein Feuerzeug parat. Natürlich werden Olaf viele Avancen gemacht, aber er geht nur auf die ein, unter denen er sich etwas Ernsteres vorstellen kann. Er lernt die Frauen erst kennen, damit er nicht versehentlich in Geschichten hineingerät, die sie verletzen könnten. Olaf hat nicht so viel Geld, dass er seinen Wert nicht mehr schätzen würde, er hat aber genug, um seine Freunde mal auf ein Bier einzuladen. Er trinkt nie so viel, dass es mit ihm unangenehm werden könnte, aber genug, um ein Partykracher zu sein.
An der Hochschule ist Olaf der, zu dem alle aufblicken. Aber er blickt nicht auf die anderen herunter. Wer bei Olaf im Team ist, fühlt sich danach wie neu geboren, zumindest aber inspiriert für viele neue Projekte. Olaf stellt die Dinge auf die Beine, von Hindernissen lässt er sich nicht abhalten. Wenn es sein muss, setzt er sich über auferlegte Richtlinien hinweg, denn Richtlinien, sagt Olaf, seien im Grunde doch nur Richtwerte. Und mit seinem charmanten Lächeln überzeugt er davon sogar den griesgrämigen Hausmeister. Die Professoren sagen, Olaf sei ihr bester Student, die Pförtner gehen am Wochenende einen mit Olaf trinken, die Sekretärinnen sagen, Olaf sei ein aufmerksamer junger Mann, die Leute, die schon mit Olaf gedreht haben, sagen, er sei ihr bester Freund und gleichzeitig ein Vorbild. Olafs Filme begeistern Festivals weltweit, Schauspieler finden, Olaf fühle sich in ihre Figuren ein, wie kein anderer, die Animationsstudenten loben Olafs Kreativität und Ausdauer. Im Grunde könnte Olaf alle Arbeitsschritte alleine erledigen, aber er sagt, er arbeitet lieber im Team. Er sagt, er könnte dadurch von den anderen lernen, aber eigentlich lernen nur alle von ihm.
Selbst nach einem 18-Stunden-Drehtag ist Olaf einmal noch bei seiner Oma vorbei gefahren, hat ihr persönlich zum Geburtstag gratuliert und war trotzdem am nächsten Morgen wieder pünktlich am Set. Ja, bei Jung und Alt, Mann und Frau ist Olaf gleichermaßen beliebt. Olaf vereint in sich die Tugend eines Ritters, die Kreativität eines Scherenschnittkünstlers und den Sanftmut einer weißen Stute.
Unsere Drehbuchprofs erzählen uns andauernd von Olaf, ihrem besten Studenten, aber so langsam kommen wir auf den Trichter, dass Olaf nur ein postmodernes Konstrukt ist, um uns anzuspornen. Denn keiner von uns ist Olaf bisher begegnet.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen