Donnerstag, 5. August 2010

WG-Castings

Ich hasse WG-Castings. Schon bei der WG-Suche in Köln konnte ich immer wieder durch einen unfassbar unsympathischen ersten Eindruck überzeugen. Das Gefühl ist schrecklich, wenn man sich selbst dabei zuhört, wie man einen unglaublich langen Satz vollenden muss, bei dem man schon vom zweiten Wort an erkannt hat, wie arrogant er klingt. Ein anderer Fehler war dann auch oft, dass ich, um ebendiese Antipathie zu vermeiden, wiederum zu nett wurde. "Magst du nen Kaffee..." "Ja klar, ich liebe Kaffee" "...oder nen Tee?" "Ohja, Tee Tee Tee, Tee ist auch wundervoll. Ich liebe Kaffee und Tee wirklich gleichermaßen." Ich machte echt schon unserem Bundespräsidenten Konkurrenz in meinem Enthusiasmus für alles und jeden, dabei find ich Tee wirklich blöd. Einzig in den WGs, in die ich garantiert nie im Leben einziehen wollte, da war ich auf einmal beliebt. Wahrscheinlich weil ich mich da in meinem Desinteresse wenigstens halbwegs normal benommen habe.
Letzten Endes habe ich ja irgendwie doch noch eine coole WG in Köln gefunden und deshalb fuhr ich ein wenig beruhigter nach Berlin und nahm mir fest vor, die Sache diesmal ein bisschen lockerer anzugehen. Die WGs sind hier fast alle ziemlich cool. Die Zimmer sind groß und natürlich auch hoch, viele haben neben großen Küchen auch noch große Wohnzimmer am Start und in manchen Häusern kam ich mir vor den riesen Haustüren, die man mit dem ganzen Gewicht aufschieben muss, und den pompösen Stuckverzierungen am besten noch mit Kronleuchtern echt schon ein bisschen lächerlich vor. Von den Leuten her ist es natürlich wieder mal ziemlich durchmischt. Während ein Mitbewohner einen zu einem leckeren Abendessen bei Kerzenschein einlädt, kommt der Mitbewohner in der anderen WG nicht mal aus seinem Zimmer, weil er Starcraft 2 zocken muss. In einer dritten Wohnung werde ich auf einmal in den Keller geführt und kurz bevor ich "Hilfe, Vergewaltigung!" rufe, stellt mir der Mitbewohner seine "nette Souterrain-Wohnung" vor. Bad und Küche haben natürlich kein Tageslicht, im Flur brennt ununterbrochen Licht. Zumindest mein Zimmer hat eine kleine Luke, durch die um genau 9:17 wahrscheinlich drei Sonnenstrahlen durchbrechen.
Letzten Endes habe ich aber dann doch noch eine coole WG in Berlin gefunden. Und diesmal ging es sogar 5 Wochen schneller als beim letzten Mal (in Berlin bin ich 5 Wochen beliebter als in Köln!). Und wiedermal hat sich die Regel bestätigt: Die WG, die du am nettesten findest, findet dich auch am nettesten. Und außerdem: Zieh immer in die WG ein, in der dir kein Leitungswasser, sondern ein Bier angeboten wird.

Dienstag, 3. August 2010

Schöneberg oder Moabit

Von den vielen kleinen Spielplätzen, die rund um das Viertel angelegt wurden, tönt Kindergeschrei. Die Kinder heißen hier "Elsa" und "Vincent" und haben eine große Zukunft vor sich. Ihre Eltern sind Anfang 30, Akademiker, hip gekleidet. In der Parallelstraße der Straße, wo sich meine zu besichtigende WG befindet, gibt es übrigens eine Kinder-Castingfirma. Aber das wissen ihre Eltern wahrscheinlich schon, wahrscheinlich haben sie Elsa und Vincent da schon längst angemeldet, es sei denn, sie sind Ökos, was bei einigen auch gut sein kann. Hinter den Fenstern im Erdgeschoss sieht man Leute an ihren Laptops arbeiten. Ein paar Bauarbeiter laufen mit muskulösen nackten Oberkörpern herum. Neben dem Park befindet sich ein noch größerer Park. Am Sportplatz spielen Jugendliche Volleyball. Außerdem ist da noch eine riesige Achterbahn, die, wie mir später der Mitbewohner in der WG erklären wird, keine Achterbahn, sondern der Schöneberger Gasometer ist. Die WG hat eine riesige Küche. Und ein Wohnzimmer. Mannomannomann.

Im Park an der Turmstraße lungern ein paar Leute rum, ein alter Mann schaut mich komisch an. Hier gibt es unfassbar viele Döner- und Falafelbuden, persische, vietnamesische, thailändische Küche. Die älteren Semester hängen hier scheinbar bei den Bäckereien ab. Snackback hat mehrere Tische auf die Straße gestellt, die komplett gefüllt sind mit alten Männern, die Kaffee schlürfen und Karten spielen. Irgendwie gibt es hier unfassbar viele Friseure. Wer braucht denn zum Kuckuck so viele Friseure? Viele Läden stehen leer und die Kinder auf der Straße beschimpfen sich als Opfer. Ich esse ein Tiramisu, das halb aufgewärmt, halb gefroren ist. Das eingeschlagene Ladenfenster eines Antiquitätenhandels ist so zugeklebt, dass man die Auslage gar nicht mehr sieht. In der WG bekomme ich ein Bier angeboten. Ich fühle mich wohl.

Als ich von Schöneberg Richtung Charlottenburg radele, komme ich am Straßenstrich vorbei.
Als ich von Moabit Richtung Charlottenburg radele, fahre ich über die Spree, wo gerade die Sonne untergeht.

Montag, 2. August 2010

Nicht noch ein Berlin-Blog


"Manchmal denkt man, über Berlin sei alles gesagt, aber dann - Berlin, Berlin, du bist so wuuunderbarr Berlin Berlin Berlin... Blablabla!" Ich hab keinen solch tollen Grund, jetzt als Letzte der Letzten auch noch anzukommen und über Berlinberlin zu schreiben. Das Bemerkenswerteste, was es über den Zusammenhang zwischen mir und Berlin zu sagen gibt, ist, dass sich mein Name auf Berlin reimt. Zumindest fallen mir gerade keine anderen sinnvollen Namen ein, bei denen dies ebenfalls der Fall wäre (Antrin, Jacqueline).
Ja, ich habe keinen Grund. Na und? Wenigstens hab ich eine Lösung: Hört einfach auf, die ganzen anderen Berlin-Blogs zu lesen, dann könnt ihr den Gedanken "Nicht noch ein Berlin-Blog" nämlich verbannen. Versprechen kann ich nix, außer vielleicht, dass bestimmt wieder mal alles anders wird als ich dachte. Ich werde bestimmt nicht auf den Dächern Berlins tanzen, mir kein Tattoo stechen lassen und auch nicht Stipe Ergec am Prenzlberg treffen. Denn irgendwie ist ja trotzdem alles wie immer, auch wenn man jetzt in Berlin ist.