Dienstag, 23. November 2010

P.S.: Es geht mir gut

Man malt sich sein neues Leben natürlich aus, bevor man in eine neue Stadt zieht, aber so richtig vorstellen kann man es sich noch nicht, wie es sein wird, wenn man nicht mehr mit seinem Freund rumhängen und dabei seine Filmideen besprechen und den Pitch üben kann und vor allem die Angst vor dem Pitchen nicht mehr zu erklären braucht, weil er sie schon kennt. Oder wie es sein wird, wenn man morgens nicht mehr von den eiligen Schritten der Mitbewohnerin erwacht, die sich mal wieder viel zu früh auf den Weg in die Bib macht und man selbst noch ein bisschen wartet, bis einer von den anderen aufsteht, damit man in der Küche quatschen kann. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie das sein wird ohne die KVB, ohne Borsalino, ohne Ehrenfeld, ohne Thefife.
Früher dachte ich immer, wenn Dinge anstanden, die ich mir absolut nicht vorstellen konnte - mein erster Flug, der Tanzkurs und wer wird mein Tanzpartner sein, alleine wohnen - dass ich bestimmt davor sterben würde, weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, wie ich tatsächlich in diesem Flugzeug sitze. Aber wie immer bin ich auch diesmal nicht gestorben und das neue Leben begann und war natürlich noch viel neuer als ich es mir hatte vorstellen können.
Und ich muss sagen, wow, ich hätte nicht gedacht, dass sowas so einfach geht. Ich hab mir mal im zweiten Semester in Köln überlegt, in eine neue Stadt zu gehen, weil es mit einem Typen so scheiße lief. Haha! Eine bescheuerte Idee, aber ich hab es damals vor allem deshalb nicht gemacht, weil ich dachte, sowas geht doch sowieso nicht. In eine andere Stadt zu gehen, das bringt doch immer nur den Leuten in Filmen was. In der Realität ist in der anderen Stadt wieder alles dasselbe.
Aber nein, ist es nicht! Okay, schon wieder hab ich die Chance verpasst, mich als totale Draufgängerin und Partyqueen zu etablieren - das wird in diesem Leben wohl nichts mehr - aber es gibt Veränderungen. Es bringt was, in eine neue Stadt zu ziehen! Man hat tatsächlich die Freiheit oder vielleicht eher einen Anstoß, endlich mal wieder neue Sachen auszuprobieren. Ich schreibe jetzt in meinem neuen Stammcafé mit dem besten Kaffee von Moabit, ich hab mich zu lustigen Kursen für Stimmtraining und gutes Auftreten angemeldet, im Fitni gehe ich jetzt auch in die Sauna, ich treffe mich mit coolen Leuten, die ich auf Partys kennen gelernt habe und gehe zu allen Veranstaltungen, die die vorschlagen, mit, auch wenn ich selbst nie auf die Idee gekommen wäre, ich mache bei Drehbuchwettbewerben mit, zu Weihnachten wünsche ich mir einen Tauchkurs.
Es ist schön, die neuen Gedanken von neuen Leuten zu hören, es ist auch schön, mit anderen, die einen gut verstehen können, in einer Klasse zu sein, um Rat gefragt zu werden und selbst welchen zu bekommen. Es ist gut, endlich in der Sache herausgefordert zu werden, in der man sich immer Herausforderungen gewünscht hat. Und auch wenn man gesagt bekommt: "Die Geschichte stimmt hinten und vorne nicht", ist das irgendwie gut. Neu, aber gut.
In zwei Tagen ist unser erster Pitch und ich, "die schlechteste Pitcherin, die es jemals an eine Filmhochschule geschafft hat", pitche "Die Hungernden" und "Kalter Winter". Ich gehe hin, ich melde mich nicht krank. Die neue Stadt bietet neue Chancen und Möglichkeiten, und auch wenn meine Sätze noch ganz oft mit "In Köln ist das aber..." anfangen, hat mir Berlin jetzt schon so viel gebracht! Weil ich mich seit vier Jahren zum ersten Mal auf mich selbst verlassen muss und es irgendwie klappt.

Sonntag, 21. November 2010

Olaf

Olaf ist toll. Er sieht gut aus, bildet sich aber nichts darauf ein. Er hat Humor, man kann mit ihm aber auch hervorragend ernste Gespräche führen. Olaf ist Nichtraucher, hat aber für die Raucher immer ein Feuerzeug parat. Natürlich werden Olaf viele Avancen gemacht, aber er geht nur auf die ein, unter denen er sich etwas Ernsteres vorstellen kann. Er lernt die Frauen erst kennen, damit er nicht versehentlich in Geschichten hineingerät, die sie verletzen könnten. Olaf hat nicht so viel Geld, dass er seinen Wert nicht mehr schätzen würde, er hat aber genug, um seine Freunde mal auf ein Bier einzuladen. Er trinkt nie so viel, dass es mit ihm unangenehm werden könnte, aber genug, um ein Partykracher zu sein.
An der Hochschule ist Olaf der, zu dem alle aufblicken. Aber er blickt nicht auf die anderen herunter. Wer bei Olaf im Team ist, fühlt sich danach wie neu geboren, zumindest aber inspiriert für viele neue Projekte. Olaf stellt die Dinge auf die Beine, von Hindernissen lässt er sich nicht abhalten. Wenn es sein muss, setzt er sich über auferlegte Richtlinien hinweg, denn Richtlinien, sagt Olaf, seien im Grunde doch nur Richtwerte. Und mit seinem charmanten Lächeln überzeugt er davon sogar den griesgrämigen Hausmeister. Die Professoren sagen, Olaf sei ihr bester Student, die Pförtner gehen am Wochenende einen mit Olaf trinken, die Sekretärinnen sagen, Olaf sei ein aufmerksamer junger Mann, die Leute, die schon mit Olaf gedreht haben, sagen, er sei ihr bester Freund und gleichzeitig ein Vorbild. Olafs Filme begeistern Festivals weltweit, Schauspieler finden, Olaf fühle sich in ihre Figuren ein, wie kein anderer, die Animationsstudenten loben Olafs Kreativität und Ausdauer. Im Grunde könnte Olaf alle Arbeitsschritte alleine erledigen, aber er sagt, er arbeitet lieber im Team. Er sagt, er könnte dadurch von den anderen lernen, aber eigentlich lernen nur alle von ihm.
Selbst nach einem 18-Stunden-Drehtag ist Olaf einmal noch bei seiner Oma vorbei gefahren, hat ihr persönlich zum Geburtstag gratuliert und war trotzdem am nächsten Morgen wieder pünktlich am Set. Ja, bei Jung und Alt, Mann und Frau ist Olaf gleichermaßen beliebt. Olaf vereint in sich die Tugend eines Ritters, die Kreativität eines Scherenschnittkünstlers und den Sanftmut einer weißen Stute.
Unsere Drehbuchprofs erzählen uns andauernd von Olaf, ihrem besten Studenten, aber so langsam kommen wir auf den Trichter, dass Olaf nur ein postmodernes Konstrukt ist, um uns anzuspornen. Denn keiner von uns ist Olaf bisher begegnet.

Freitag, 19. November 2010

Theater für Filmfans

So, jetzt mal eine kulturelle Empfehlung. "Fräulein Julie" ist das beste Theaterstück für Leute, die Theater doof finden, weil es nicht so wie Film ist. Denn auf der Bühne wird ein Film gedreht. Und den kann man sich zeitgleich auf der Leinwand anschauen. Schön ist, dass insgesamt genauso viele Kameramänner wie Schauspieler auf der Bühne rumlaufen und das in Turnschuhen und Kapuzenpullis, so wie man Kameramänner halt kennt und dass die Schauspieler selbst das Licht rumrücken, um ein Detail, das dazwischengeschnitten wird, auszuleuchten. In der Sprecherkabine werden Strindbergs Texte rezitiert, eine Cellistin spielt die Filmmusik und 2 Geräuschemacher lassen das Wasser plätschern, das Rinderherz brutzeln und Fräulein Julie durch das Haus schleichen.
Ich liebe ja ganz klischeehaft Cello. Als ich letztens einem unserer Filmmusiker erzählte, dass ich meine Kinder dazu verdonnern werde, Cello zu spielen, riet der mir allerdings davon ab. Zumindest wenn ich wollen würde, dass meine Kinder damit berühmt werden, denn Cello sei das schwierigste Instrument, um in ein Orchester reinzukommen. Logisch, meistens sitzen da 20 Violinen und nur drei Cellisten. Klar will ich, dass meine Kinder mal berühmt werden! Also werde ich noch mal drüber nachdenken.
Wer jedenfalls das wunderschöne "Fräulein Julie" in einer Inszenierung von Katie Mitchell in der Schaubühne genießen will, hat noch diese Termine zur Auswahl:
16.12.2010, 20.00 Uhr
17.12.2010, 19.30 Uhr
18.12.2010, 19.30 Uhr
19.12.2010, 20.00 Uhr
01.01.2011, 20.00 Uhr
02.01.2011, 18.30 Uhr
Es lohnt sich!

Dienstag, 16. November 2010

Typologie Teil I: Die Regisseurinnen und Regisseure - Die Herzstücke

"Eine Besonderheit an der HFF ist, dass die Regisseure hier das Herzstück der Hochschule sind." Hä? dachte ich, als ich diesen Satz hörte, auch wenn ich nicht mehr weiß, in welchem Zusammenhang. An welcher Hochschule sind denn bitte die Regisseure nicht das Herzstück der Hochschule? Naja, egal.
Klar, sind die Regisseure das Herzstück und das wissen die auch und das haben die auch verdient. Schließlich haben sie ja auch einen fünftägigen Bewerbungsmarathon inklusive Stimmungsmalen hinter sich gebracht. Und sie hatten die meisten Konkurrenten. Am Ende wurden 10 ausgewählt und, juhuu, davon sind 6 Frauen.
Ohne die Regisseure kann hier kaum was zum Laufen gebracht werden, denn die Regie hat die Kohle. Während ich als Drehbuch-SHK sogar unsere Kopien heimlich auf den Code von Regie und Kamera machen soll, werden den Regisseuren schon die Zettel mit den Budgets für ihre Filmprojekte ausgeteilt und die freuen sich. Eigentlich ist es gar nicht mal sooo viel, aber dafür, dass sie vorher natürlich immer gar nix hatten, außer das eigene Geld vom Konto ist es natürlich sehr nett.
Die Regie-Studenten sind aufgeschlossen und bringen Schwung in die Bude. Auf den Partys erscheinen sie zahlreich und sind auch meist die letzten, die gehen. Und stolz darauf. Es gibt die These, dass die Regisseure wie eine Band zusammengestellt wurden, für jeden Geschmack was dabei. Eine große Spannbreite an Filmen ist zumindest garantiert. Die Regisseure können ihre Ideen aus dem Bauch heraus charmant rüberbringen und sie wurden in der Prüfung darauf hin getestet, dass ihnen nichts peinlich ist: Sie sollten ohne Musik vortanzen. Jeden Morgen haben die Regie-Studenten die Auswahl zwischen Yoga und Ballett. Aber sie gehen nie hin. Verständlich, sie haben momentan nämlich überhaupt keine Zeit und werden wahrscheinlich auch keine mehr haben. Bei uns sind die Regie-Studenten sehr interessiert an den anderen Studiengängen. Sie kommen auch immer zu den Vorführungen der anderen. Aber auch wir anderen laufen den Regie-Leuten schon ein bisschen hinterher. Schließlich wollen wir ja bei ihren Filmen mitmachen.











So sehen die Regisseure aus.

Dienstag, 9. November 2010

Tag der Offenen Tür an der HFF!

Hallo, am Samstag, den 13. 11. ist in Potsdam Tag der Offenen Tür! Wer also mit den Profs Kaffee trinken, sich mit den Mitbewerbern in den Filmguck-Eiern näher kommen, auf dem Übergang im 4. Stock Höhenangst kurieren, im Biotop Unkraut jäten, sich in der Filmriss-Caféteria den Arsch abfrieren, in den Kinosesseln schlafen oder einem der Studenten einfach mal mitteilen will, dass er sich "auch bald mal bewerben" will, der ist da genau richtig!
Das vernünftige Programm findet man übrigens hier:
http://www.hff-potsdam.de/fileadmin/hff/dokumente/Downloads/Programm_A4_OFF_2010a.pdf
Ich kann leider nicht sagen, ob es sich lohnt, weil ich noch nie da war. Gerüchten zum Trotz habe ich bisher auch noch von niemanden gehört, der nur angenommen wurde, weil er sich am Tag der Offenen Tür ohne Ende eingeschleimt hat. Aber schaden kann das Einschleimen wahrscheinlich nicht und wenn einem langweilig ist, kann man ja einfach nebenan in den Filmpark Babelsberg gehen und sich da die Action-Stunt-Show angucken!

Sonntag, 7. November 2010

Schickt eure Filme zu Sehsüchte!

Dauerwerbesendung
Eine verlassene Hütte im Wald, kein Internet, kein Handynetz, trotzdem hat uns kein Serienkiller aufgeschlitzt. Beim Sehsüchte-Kennenlern-Wochenende bei Eberswalde, 40 Kilometer von Berlin Mitte in der brandenburgischen Pampa versteckt, konnten wir demnach ungestört arbeiten (nur auf der Rückfahrt begegnete uns ein schlafender Autofahrer auf der Kreuzung). Naja, eigentlich bestand das Programm vor allem aus Kuchen essen und Party machen mit - für meine Thefife-Freunde - Lothar Mikos. Aber es ist ja auch noch kein einziger Film bei Sehsüchte eingegangen und deshalb hatte zumindest die Programmgruppe, in der ich bin, noch nicht so viel zu tun... Wenn ihr also Aufsehen erregen wollt, reicht jetzt ein!
Sehsüchte 2011 wird super, das ist zumindest schon mal sicher und das nicht nur, weil ich jetzt auch mitmache. Sehsüchte wird nämlich 40 Jahre alt und deswegen gibt es tolle Jubiläums-Specials und eine Ausstellung, außerdem gibt es ein tolles Rahmenprogramm mit tollen Partys, einen Fokus über die Türkei und natürlich die normalen Festivalfilme, aus denen wir in Tag- und Nachtarbeit in den nächsten Monaten ein Programm basteln dürfen.
Kommt doch vom 02. bis 08. Mai nach Potsdam zu Sehsüchte. Oder kommt mit euren Filmen, ich interviewe euch dann auf Englisch.
Alles Offizielle findet ihr hier: http://2011.sehsuechte.de/













Ich freu mich! Endlich kann ich wertvolle Erfahrungen für die Nadinale sammeln!

Freitag, 5. November 2010

Moabit, Alter!



















Da, wo ich wohne, sind Moabit und Charlottenburg nur durch eine kleine Brücke über die Spree voneinander getrennt. Woran man aber trotzdem ganz leicht merkt, dass man in Moabit ist und nicht in Charlottenburg:
- Döner und sogar halbes Hähnchen kosten 1,99 Euro
- Selbst im Kaiser's steht man am Flaschenautomaten 10 Minuten an
- Die DKMS-Werbung für Knochenmarksspende ist auf Türkisch (glaube ich)